Die Initiative „Mein Grundeinkommen“ hat ein Experiment gestartet, bei dem Praktikanten tun, was und wie viel sie wollen. Dafür bekommen sie monatlich 1000 Euro. Warum sie trotzdem arbeiten und motiviert sind
Die Praktikumszeit gilt als finanziell schwierig: Das können viele Praktikanten bestätigen, die prekär oder gar nicht bezahlt werden. Immer noch können Unternehmen auf die Auszahlung des Mindestlohns verzichten, wenn das Praktikum im Studium vorgeschrieben ist.
Bei der Initiative „Mein Grundeinkommen“ dagegen endet nun schon zum zweiten Mal ein Experiment, bei dem die eigenen Praktikanten 1000 Euro im Monat erhalten – ohne irgendwelche Bedingungen erfüllen zu müssen.
Das klingt zunächst nach einem Traumpraktikum. Aber wie wirken sich die fehlenden Verpflichtungen auf die Teilnehmer aus? Und führt es nicht dazu, dass die Praktikanten dann gar keine Aufgaben mehr übernehmen?
Wertschätzung motiviert mehr als Leistungsdruck
Das Projekt „Mein Grundeinkommen“ verlost seit 2014 einjährige, crowdfundingfinanzierte Grundeinkommen in Höhe von 12 000 Euro. Damit nimmt es den Gewinnern nicht nur für ein Jahr den Druck der Geldsorgen, sondern gibt ihnen auch die Möglichkeit, grundlegende Bedürfnisse und wichtige Projekte besser zu verwirklichen.
Das bedingungslose Praktikum ist ein Experiment, das die Organisation intern durchführt. Ende November hat es bereits die zweite Praktikantin absolviert. „Das bedingungslose Praktikum war für mich ein Experiment der Selbsterfahrung, mit dem ich die Sinnhaftigkeit von Arbeit und Geld hinterfragen konnte“, sagt die 24-jährige Meera Zaremba.
Am ersten Tag bekam die Masterstudentin keine Aufgaben, sondern musste sich selbst welche suchen. In die Arbeit gestürzt hat sie sich trotzdem und ihren Arbeitgeber im Schnitt an vier Tagen pro Woche unterstützt.
„Meine Motivation, zu arbeiten, habe ich in erster Linie daraus gezogen, dass ich von Beginn an wertgeschätzt wurde und nicht unter Leistungsdruck für mein Einkommen arbeiten musste“, so Zaremba. Im Blog schreibt sie, dass die Bedingungslosigkeit ihr mehr Würde gebe, weil die Arbeit allein auf ihrer Entscheidung, Motivation und Freude basiere.
Ehrlicheres und offeneres Klima
Im Abschlussgespräch mit Zaremba merkt der Gründer Michael Bohmeyer an, dass Zaremba ehrlich sein durfte und alles aussprechen konnte – auch offene Kritik gegenüber dem Chef. Am Anfang sei es ungewöhnlich gewesen, doch im Endeffekt lerne man durch die komplette Hiearchielosigkeit viel besser, eine so angenehme Atmosphäre für Kollegen zu schaffen, dass sie auch Lust auf die Arbeit haben.
Die erste Praktikantin, die 21-jährige Marcella Henglein, schätzt auch die psychische Entlastung durch das Grundeinkommen: „Dadurch war ich im Kopf freier und konnte neben dem Praktikum den Herausforderungen des Alltags – Abitur, Nebenjob und Familie mit weniger Sorgen und Stress begegnen.“
Wie bereits Henglein bleibt auch Zaremba dem Projekt erhalten. Wie die Gewinner des bedinungslosen Grundeinkommens beweisen auch sie, dass sie auch ohne finanziellen Druck sinnvoll tätig sein können.