Entrepreneurship Education hat das Ziel, unternehmerische Kompetenzen zu vermitteln. Doch in Deutschland mangelt es an Angeboten dafür. Dabei stärkt das Konzept nicht nur eine innovative Gründer-Szene, sondern auch das Selbstbewusstsein und die beruflichen Perspektiven der Teilnehmenden
Der internationale Vergleich zeigt: Es mangelt an passenden Rahmenbedingungen für Gründung und Unternehmertum in Deutschland. Besonders in Sachen Gründungs-Ausbildung hinkt die Bundesrepublik hinterher, kritisiert der Global Entrepreneurship Monitor 2017/18. Eine Folge: Eine weiter sinkende Gründungsaktivität von 17 Prozent in Deutschland in 2017.
Unternehmerische Methoden als Mittel zum Zweck
Problematisch ist das auch im Kontext zukunftsorientierter Wirtschaft. Denn angesichts wachsender gesellschaftlicher Herausforderungen leistet die Innovationskraft von Start-ups wichtige Beiträge, gerade wenn diese sich als Sozialunternehmen ausrichten. Solche Social Enterprises nutzen unternehmerische Methoden als Mittel zum Zweck, um soziale oder ökologische Probleme zu lösen.
Doch Entrepreneurship Education, also Bildung zur Förderung von unternehmerischen Kompetenzen, ist auch unabhängig von tatsächlichen Gründungen relevant, und zwar für die Persönlichkeit der Teilnehmenden. Denn bei diesen Bildungsangeboten geht es eben einem wirtschaftlichen Grundverständnis vor allem darum, eigene Stärken und Schwächen zu identifizieren, Herzensanliegen zu erkennen und innovative Lösungen zu entwickeln. Und diese Kompetenzen spielen für junge Menschen auch auch sonst eine wichtige eine Rolle, schon bei der Berufsorientierung, aber auch in vielen späteren Berufen.
Unternehmerische Kompetenzen für mehr Chancengleichheit
Die Potenziale von Entrepreneurship Education wollen verschiedene Bildungsinitiativen nutzen. Sie richten sich bereits an Kinder und Jugendliche. So auch die Non-Profit-Organisation „Start up Teens“, die das Thema vor allem durch Online-Tutorials an 14-19 Jährige vermittelt.
Gegründet wurde das Projekt 2015 von sechs Unternehmer*innen aus gleich mehreren Beweggründen: „Wir brauchen in Zukunft viel mehr gute Ideen und mutige Macher“, erklärt Mitinitiatorin Marie-Christine Ostermann. Zudem habe die Start-up-Teens-Gründer aufgerüttelt, „dass beruflicher Erfolg nach wie vor viel zu stark von der sozialen Schicht abhängt“, betont Ostermann. „Außerdem gab es gar kein digitales Bildungsangebot für Jugendliche, um unternehmerisches Denken und Handeln zu erlernen.“
Online-Tutorials und Ideen-Wettbewerbe
Mittlerweile stehen bereits 40 Videos rund um Unternehmertum und Gründungskompetenzen online zur Verfügung. Künftig sollen weitere Clips hinzukommen, erstellt durch die aufstrebende Plattform für Youtube-Nachhilfe „The Simple Club“. Ziel der neuen Videos sei, die Jugendlichen noch interessanter ansprechen und die Reichweite erhöhen zu können.
Parallel zu den Videos setzt Start up Teens auf Veranstaltungen und Ideen-Workshops, um einen direkten Austausch von Jugendlichen mit Unternehmern und Intrapreneuren zu fördern. Im Rahmen eines Mentoring-Programms können sich junge Leute für auf einen persönlichen Mentor bewerben. Diese ehrenamtlichen Ansprechpartner unterstützen die Jugendlichen bei der Umsetzung eigener Konzepte und der Vorbereitung auf einen Ideen-Wettbewerb: die Start up Teens-Challenge. Dort stellen Jugendliche ihre Konzepte in Form von Businessplänen vor, und können in verschiedenen Kategorien Preisgelder von mehreren Tausend Euro ergattern.
Ziel: Interessanter, effektiver und lebensnaher Unterricht zum Thema Wirtschaft
Auch der Verein „Network for Teaching Entrepreneurship“ (NFTE) verfolgt ein ähnliches Konzept, bei dem gilt: „Gründung selbst ist nicht vorrangiges Ziel“, erklärt Geschäftsführer Guido Neumann das Anliegen der Initiative, „es geht um die Kompetenzentwicklung unternehmerischen Denkens.“
Dafür setzt die Initiative zuerst auf die Lehrkräfte. Für sie veranstaltet NFTE kostenlose Fortbildungen. Die Lehrerinnen und Lehrer bekommen dabei Methoden an die Hand, um Unternehmergeist, Kreativität und Persönlichkeitsentwicklung im Unterricht zu fördern. „Das Ziel der Fortbildungen ist es, die Lehrkräfte dazu zu befähigen, interessanten und effektiven Unterricht rund um das Thema Wirtschaft zu gestalten, der in der Lebenswelt der Schüler*innen stattfindet“, erklärt Neumann.
Ergänzend bietet NFTE an, dass die Jugendlichen ihre Geschäftsideen als Abschluss der Unterrichtseinheit auf regelmäßig stattfindenden regionalen Ideenwettbewerben präsentieren. Die jeweiligen Landessieger haben zusätzlich die Chance, beim NFTE-Bundeswettbewerb zu gewinnen.
Geschäftsideen entwickeln bedeutet, Kompetenzen zu entwickeln
Dafür sollen die Lehrenden die Jugendliche dazu motivieren, eigene Geschäftsideen zu entwickeln, die zu ihren individuellen Interessen und Stärken passen. „Die Teilnehmenden erfahren Selbstwirksamkeit und beginnen lösungsorientiert zu denken“, beschreibt Neumann die Effekte, „ein syrisches Kind in Hamburg hatte beispielsweise die Idee, solarbetriebene Akkus zur Stromerzeugung für Handys zu vertreiben. Sein sozialer Beitrag war, jedes elfte Akku nach Syrien zu schicken, weil die Stromversorgung via Steckdose nicht mehr funktioniert.“ Eine solche Idee könnte bereits Grundstein eines Sozialunternehmens sein.
Gründungskompetenzen explizit im Kontext von Nachhaltigkeit vermitteln übrigens auch Initiativen wie die Schülerfirma-Förderung StartGreen@School oder das norddeutsche Projekt Seed Schule. Letzteres erstellt Unterrichtsmaterial für Lehrkräfte und Workshops für Jugendliche rund um das Thema Social Entrepreneurship.