Laut einer aktuellen Studie kann jeder fünfte Viertklässler nicht richtig lesen. Der Verband MENTOR setzt sich seit zehn Jahren dafür ein, dass Kinder die nicht vom Bildungssystem aufgefangen werden, ehrenamtlich betreut werden. Durch wöchentliche Lesestunden mit einem Mentor bekommen sie die Chance, ihre Leseschwäche zu beheben

Wer nicht richtig lesen kann ist außen vor, im Unterricht und auch im späteren Leben. Denn nicht nur der Schulabschluss macht Probleme, wenn die Fähigkeit des Lesens nicht gut ausgeprägt ist. Den Kindern bleibt eine ganze Welt verschlossen. Wo andere neue Sichtweisen, Kulturen und Denkanstöße aus Literatur und anderen Medien schöpfen können, verbaut eine Leseschwäche den Betroffenen oft diese Entwicklung und verwehrt ihnen, ihr eigenes Leben zu gestalten.

Dies ist eine Folge der aktuellen Bildungspolitik. Bei Lehrermangel und schlecht umgesetzter Inklusion sind Schüler immer die Leidtragenden. Da wundert es nicht, dass die aktuelle Iglu-Studie ein vergleichsweise trauriges Urteil über den Stand der Leistungen deutscher Schüler fällt: ein Fünftel der Viertklässler in Deutschland können nicht gut lesen. Außerdem stagniert die Leistung der Neun- bis Zehnjährigen schon seit 2001 und zeigt, dass das Bildungssystem so wie es ist, nicht funktioniert.

Eine Stunde pro Woche kann viel bewirken

Gut, dass es zivilgesellschaftliche Mentorenprogramme gibt. Bei MENTOR etwa werden Schüler, die eine Leseschwäche haben, nach dem Eins-zu-eins-Prinzip gefördert. Ein Jahr lang treffen sich Mentor und Schüler wöchentlich für eine Lesestunde. Bereits diese kleine Einheit hilft dem Kind enorm. Die aktuelle Lehrerbefragung von MENTOR Hamburg zeigt, dass rund 90 Prozent der Kinder ihre Lesekompetenz und ihr Textverständnis verbessern, und mehr als die Hälfte der Kinder im Unterricht merklich aktiver sind.

Zu seinem zehnjährigen Jubiläum hat der MENTOR Bundesverband nun dazu aufgerufen, an bisherige Erfolge anknüpfen, und auch in Zukunft dafür zu sorgen, dass jedes Kind, unabhängig von sozialem Status, Herkunft oder Wohnort, die Chance auf ein erfolgreiches Leben bekommt.

Gegründet wurde MENTOR 2003 in Hannover von Buchhändler Otto Stender. Fünf Jahre später entstand der Bundesverband. Heute agiert er deutschlandweit: 75 Vereine und 10 kooperierende Initiativen arbeiten daran, dass immer mehr Kinder gefördert werden. Im Moment unterstützen 11 000 Leselernhelfer rund 14 000 Schüler. Langfristig wünscht sich der Verband, dass jeder Schüler mit einer Leseschwäche von einem Mentor gefördert wird und so jedes Kind die Schule mit Abschluss verlassen kann.

Immer mehr Projekte kämpfen gegen Leseschwäche

Neben dem MENTOR setzen sich mittlerweile auch viele andere Initiativen dafür ein, den Missstand im Bildungssystem durch Hilfe von außen zu beheben. Librileo zum Beispiel richtet sich an jüngere und sozial schwache Kinder. Das Unternehmen versucht mit kostenfreien Bücherboxen Familien zu helfen, das Lesen stärker in den Alltag zu integrieren und dadurch Themen wie zum Beispiel gesunde Ernährung zu vermitteln.

Ähnlich das Leseförderprogramm “Lesestart”, bei dem Erstklässlerinnen und Erstklässler mit einem Lesestart-Set ausgestattet werden und Familien Material mit Tipps und Ratgebern für das Vorlesen im Familienalltag bekommen. Das Berliner Projekt “Leselust” hingegen arbeitet ähnlich wie MENTOR. Ehrenamtliche besuchen Grundschulen und Kindergärten und lesen gemeinsam mit den Kindern. “Leselust” ist sozusagen das Berliner Pendant zu MENTOR, da der Verband in Berlin nicht vertreten ist.

All diese Projekte arbeiten auf verschiedene Weise daran, Kindern zu einem besseren Start ins Leben zu verhelfen. Und wenn man sich die Zahlen ansieht, kann man nur bestätigen, dass sie damit auf einem guten Weg sind.

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