Prof. Dr. Peter Paulus ist Experte für Gesundheitswissenschaften und Prävention sowie Impulsgeber beim EduAction Bildungsgipfel 2018. Im Kurz-Interview erklärt er, wie wir verhindern können, dass der Druck beim Lernen die Gesundheit schädigt, und warum das Entwickeln von Kompetenzen gesünder ist, als das bloße Auswendiglernen von Fachwissen

Herr Professor Paulus, die Zeiten des militärischen Drills in der Schule sind eigentlich vorbei. Trotzdem hat man den Eindruck, der Druck beim Lernen nähme heute wieder zu. Stimmt das?

Militärischen Drill gibt es sicher nicht mehr, aber der Druck, Leistung zu erbringen nimmt zu. Die Kinder und Jugendlichen verspüren nicht erst in der Schule, dass gute Leistungen zu erbringen, ein absolutes Muss ist, um nicht verloren zu gehen. Erschöpfungssyndrome, die inzwischen vielfach belegt sind, spiegeln diesen Druck im Leib-Seele-System der Kinder und Jugendlichen. Statt Leistung zu fordern, wäre es deshalb in der Schule notwendig, Freude an der Leistung zu fördern.

Müsste die Schule nicht einer der zentralen Akteure sein, wenn es darum geht, Gesundheitskompetenz zu vermitteln?

Auf jeden Fall. An welchem anderen Ort können Kinder und Jugendliche grundlegend wichtig Gesundheitskompetenzen erwerben als dies in der Schule möglich ist? Nur sie kann durch systematische curriculare Verankerung dafür sorgen, dass jeweils altersspezifisch und in der Entwicklung der Heranwachsenden aufeinander aufbauend sich  kognitive, emotionale und motivationale Gesundheitskompetenzen entwickeln. Hierfür im Schulsystem die Voraussetzungen zu schaffen, wird Aufgabe der nächsten Jahre sein. Die Nationale Allianz für Gesundheitskompetenz ist hierbei ein wichtiger Impulsgeber.

Prof. Dr. Peter Paulus ist leitender Geschäftsführer des Zentrums für angewandte Gesundheitswissenschaften an der Leuphana Universität Lüneburg und Leiter des dortigen Studiengangs „Master of Public Health“. Foto: ZAG

Könnte es sein, dass ein Unterricht, der die Entwicklung von Kompetenzen fördert, am Ende „natürlicher“ ist, mehr Spaß macht und damit auch gesünder ist, als das klassische Eintrichtern und Abfragen von Fachwissen – das ja nicht umsonst als „Bulimie-Lernen“ bezeichnet wird?

Das ist sicher so. Damit dies aber gelingt, müssen die gesundheitspädagogischen Initiativen altersgerecht und auf die kindlichen und jugendlichen Lebenswelten und deren Herausforderungen und Entfaltungsmöglichkeiten abgestimmt sein. Nur so können  die Kinder und Jugendliche einen Lebensbezug herstellen, können die pädagogischen Angebote als hilfreich zur Gestaltung ihres Lebens erkennen und als sinnvoll erleben. Dies fördert die Freude am Lernen, am Wissenserwerb am Zugewinn an Handlungskompetenz.  Ohne diese Bezüge zu den Bedürfnissen und Emotionen der Kinder und Jugendlichen wird der Erwerb von Gesundheitskompetenzen nicht funktionieren.

Prof. Dr. Peter Paulus ist Impulsgeber beim EduAction Bildungsgipfel 2018 sowie bei der Vor-Konferenz EduHealth Summit. Tickets für den Bildungsgipfel und weitere Infos gibt es hier. Kombitickets für EduHealth und EduAction gibt es hier.